Überlegungen zur kreativen Aneignung westlicher Konzepte wie ›Religion‹ und ›Hinduismus‹ in Indien

Autor/innen

  • Simon Foppa

Abstract

Heute herrscht in der Religionswissenschaft ein weitgehender Konsens darüber, dass der ›Hinduismus‹ bei näherer Betrachtung ein Konglomerat aus verschiedensten religiösen Traditionen darstellt, das erst im 19. Jahrhundert unter diesem Begriff zusammengefasst wurde. Autoren wie Richard King (1999a) argumentieren, dass die Vereinheitlichung auf westliche Akteure zurückzuführen ist, die aufgrund ihres exklusivistischen jüdisch-christlichen Religionsverständnisses die Diversität südasiatischer Religionen nicht erkannten. Seit einigen Jahren mehren sich im wissenschaftlichen Diskurs Stimmen, die sich gegen die weitere Verwendung von vermeintlich westlichen Konzepten wie ›Religion‹ oder ›Hinduismus‹ zur Bezeichnung dieser Glaubensgemeinschaften aussprechen, um eine weitere »Verwestlichung« (King 1999a, 67) südasiatischer Traditionen zu vermeiden. Im vorliegenden Aufsatz soll eine alternative Sichtweise auf diese Problematik vorgestellt werden. Anhand der Theorie der ›kulturellen Aneignung‹ von Hans Peter Hahn (2005) wird argumentiert, dass die Verwendung westlicher Konzepte nicht zwangsläufig zu einer ›Verwestlichung‹ dieser Traditionen führt, da die aneignenden Akteure - selbst unter hegemonialen Bedingungen - stets einen kreativen Spielraum bei der Appropriation neuer Kulturelemente haben. Today, there is a broad consensus in the field of religious studies that a closer examination reveals ›Hinduism‹ to be a conglomerate of different religious traditions, which were first assigned to this term in the 19th century. Authors such as Richard King (1999a) argue that this standardisation can be traced back to Western stakeholders, who, on the basis of their exclusivist Judeo-Christian viewpoint, did not recognise the diversity of the South-Asian religions. There has been an increase of this voice in academic discourse in recent years, which dismisses further use of alleged Western concepts, such as ›religion‹ or ›Hinduism‹, in the description of this faith community, in order to avoid further »westernisation« (King 1999a, 67) of the South-Asian traditions. In this article, an alternative perception of this issue shall be presented. Based on the theory of ›cultural appropriation‹ from Hans Peter Hahn (2005), it is argued that the use of Western concepts does not necessarily lead to a ›westernisation‹ of a tradition, as the appropriating parties themselves invariably have creative leeway with regard to the adoption of new cultural elements, even in hegemonic conditions.

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Veröffentlicht

2025-08-25